Nicole Fuchs ist Wissenschaftliche Referentin beim DLR Projektträger im Bereich Forschungsförderung
Datum des Interviews: 19.04.2021
Zur Person / About you
Bitte stellen Sie sich kurz mit ihrem Namen und etwas Information zu Ihrem Werdegang vor.
Mein Name ist Nicole Fuchs. Nach einem sprachwissenschaftlichen Studium bin ich zu den DH und an die TU Darmstadt gekommen. Derzeit arbeite ich als wissenschaftliche Referentin in der Forschungsförderung. Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) setzt meine Abteilung beim DLR Projektträger in Bonn die Projektförderung des BMBF in den Geistes- und Sozialwissenschaften um. Ich betreue dabei vor allem Projekte und Förderprogramme aus den DH.
Ausbildungshintergrund / Education
Kurze Skizze Ihres Ausbildungshintergrundes: Ausbildungsberuf, Studiengang / Studienfächer, Abschluss, wo?
An der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz habe ich zunächst Linguistik und Geschichte studiert (B.A.). Vor allem durch mein Interesse an korpus- und computerlinguistischen Fragestellungen bin ich dann auf die DH aufmerksam geworden. An der TU Darmstadt habe ich mein Studium mit einem Master in Linguistic and Literary Computing abgeschlossen.
Berufserfahrung / frühere Berufsfelder und derzeitiges Berufsfeld
Neben und nach meinem Studium habe ich unter anderem am Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft in Darmstadt und bei einem kleinen Verlag/Bildungsagentur gearbeitet. Derzeit bin ich als wissenschaftliche Referentin in der Abteilung „Digitalisierung in den Geisteswissenschaften / Kulturelles Erbe“ beim DLR Projektträger in Bonn tätig. Im Auftrag des BMBF konzipieren wir neue Förderprogramme, beraten Interessierte und Antragstellende zu laufenden Förderrichtlinien und organisieren die Begutachtung, Auswahl und Bewilligung von eingegangenen Projektanträgen. Die geförderten Forschungsprojekte begleiten wir dann über die gesamte Laufzeit. Dabei bin ich vor allem auch für die Förderprogramme und Projekte aus den DH zuständig. Durch sich wandelnde Förderbereiche kommen aber immer wieder auch neue/andere fachliche Schwerpunkte aus den Geisteswissenschaften hinzu. Als Projektträger arbeiten wir dem BMBF außerdem auch bei Berichten und Stellungnahmen zu, beispielsweise bei der Beantwortung kleiner Anfragen von Parteien an das Ministerium, die sich auf die Forschungsförderung beziehen. Das Aufgabenspektrum ist also ziemlich breit gefächert und sehr abwechslungsreich.
Wege in den Beruf
Was hat sie an Ihren aktuellen Berufsfeld fasziniert? Haben Sie dieses Ziel aktiv verfolgt? Welcher Weg hat Sie zu ihrem derzeitigen Beruf geführt?
Tatsächlich hat mich vor allem der Zufall in mein jetziges Berufsfeld geführt. Ich wurde auf die Stellenausschreibung des DLR Projektträgers aufmerksam, weil sie mit einem thematischen Schwerpunkt in den DH ausgeschrieben war. Ich habe also nie aktiv das Ziel verfolgt, einmal in der Forschungsförderung zu arbeiten. Fasziniert haben mich dabei die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung der Förderprogramme des BMBF mitwirken zu können und die Einblicke „von der anderen Seite“. Mit der Einwerbung von Drittmittelprojekten hatte ich während meiner Zeit in Darmstadt bereits zu tun, neu und spannend war beim beruflichen Wechsel dann vor allem, welche Arbeiten und Prozesse bei den Fördermittelgebern hinter der Forschungsförderung stecken.
Schlüsselkompetenzen
Häufig fragt man sich, welche der vielen erworbenen und in Studium und Ausbildung vermittelten oder empfohlenen Kompetenzen im Beruf eine Rolle spielen werden. Welche spielen in Ihrem Beruf eine zentrale Rolle? Hatten Sie das erwartet?
Auf der fachlichen Seite spielt bei meiner Tätigkeit wohl vor allem ein gewisser Überblick über aktuelle Fachdiskurse eine wichtige Rolle. Auch wenn bei einem Fachgespräch zu einem neuen Förderprogramm oder der Begutachtung von Projektanträgen in aller Regel externe Expertinnen und Experten hinzugezogen werden, ist es wichtig, die von den Projekten bearbeiteten Forschungsfragen, Herangehensweisen, Methoden und Werkzeuge verstehen und einordnen zu können. Darüber hinaus ist sicherlich auch ganz pragmatisch das Wissen über die Planung und Umsetzung von interdisziplinären Forschungsprojekten wichtig.
Wie würden Sie Ihren schönsten Arbeitstag beschreiben?
Was ist Ihr persönlicher bester Arbeitstag? Was sind Ihre Lieblingsaufgaben? Was sind Ihre Highlights?
Besonders spannend ist unter anderem die Sichtung von Projektanträgen, die mit Ablauf der Deadline einer Förderrichtlinie eingegangen sind. Auch wenn wir im Vorfeld die meisten Antragstellenden bereits telefonisch oder per Mail beraten haben, bleibt doch bis zum Ende offen, wie viele Anträge eingehen und welche Themenvielfalt sie abdecken. Wir beginnen dann damit, die Anträge zu lesen, sie thematisch und methodisch einzuordnen, eine erste Einschätzung vorzunehmen und thematisch passende Gutachtende zu recherchieren. Nach Abschluss der aufwändigen Begutachtungs- und Bewilligungsprozesse ist es dann natürlich ein sehr schöner Augenblick, wenn die Projekte endlich offiziell starten können. Ein besonderes Highlight ist sicherlich auch der Besuch bei einem geförderten Projekt, z.B. im Rahmen einer Tagung oder eines Workshops. So können wir auch einmal tiefere Einblick in die Forschung und die Arbeit vor Ort gewinnen und die Projektmitarbeitenden persönlich kennenlernen und uns austauschen.
Kompetenzen
Welche Eigenschaft stellt Ihre wichtigste Qualität für Ihren derzeitigen Beruf dar?
Im Sinne von persönlichen Eigenschaften scheint mir Gelassenheit sehr wichtig zu sein – vermutlich in jedem Beruf. Beim Projektträger bewegen wir uns bei unserer täglichen Arbeit im Spannungsfeld von Forschenden/Geförderten, dem Fördermittelgeber/Auftraggeber, den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Öffentlichkeit. Dabei ist es oft nicht ganz einfach, alle Interessen zusammenzubringen. Zudem kommt es natürlich auch vor, dass sich die Arbeit einmal stapelt und/oder es zeitlichen oder auch politischen Druck gibt. In solchen Situationen ist ein wenig Gelassenheit wichtig, um den Überblick zu behalten und natürlich auch, um sich die Freude an der Arbeit zu erhalten.
Ratschläge für Studierende der DH
Was würden Sie Studierenden raten, die sich fragen, wie man in den DH sein berufliches Umfeld findet?
Für mich persönlich war es immer spannend und hilfreich, Einblicke in ganz unterschiedliche fachliche Gebiete und Berufsfelder zu sammeln. Dennoch bin ich nun in einem Berufsfeld gelandet, das mir vorher nicht wirklich vertraut war – und in dem mir die Arbeit sehr viel Spaß macht. Generell habe ich den Eindruck, dass Absolventinnen und Absolventen der DH gerade aufgrund ihrer interdisziplinären Arbeitsweise in den verschiedensten Berufsfeldern sehr gefragt sind, auch außerhalb von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Aus meiner Sicht ist es zumindest für Unentschlossene sinnvoll, bei der Findung des beruflichen Umfelds offen zu sein und dabei vielleicht auch mal ein wenig über den Tellerrand hinauszuschauen.